Ich brenne nicht!

Ein bekanntes Musikmagazin suchte kürzlich einen neuen Volontär. „Du brennst für Musik, steckst dein ganzes Geld in Platten, verbringst deine Abende auf Konzerten und deine Wochenenden auf Festivals?“, lautete die forsche Frage zu Beginn der Anzeige. „Ja, und das macht es mir leider unmöglich, tagsüber auch noch als Volontär zu buckeln“, müssten Menschen, auf die das Profil zutrifft, eigentlich ehrlicherweise antworten.

Aber wer ist im Arbeitsleben schon ehrlich? Man braucht ja das Geld. Und die Gegenseite sagt schließlich auch nicht, was sie wirklich meint. Es wäre doch reichlich naiv, wenn die Leute aus den Personalabteilungen tatsächlich glaubten, dass junge Menschen, die für Musik brennen, auch ein brennendes Interesse an Musikjournalismus haben müssten. Darauf lief der Inhalt der Anzeige aber letztlich hinaus.

Flammender Appell: Man muss gar nicht brennen, um zu leben.     Foto: Pixabay

Sicherlich sind die nicht so naiv. Die meinen das bestimmt gar nicht so mit dem Brennen. Die wollen wahrscheinlich nur, dass ausschließlich Leute antworten, die etwas Eigenmotivation mitbringen. Ach, nicht mal: Die sind bestimmt schon froh, wenn der Volontär nicht zu sehr stört und halbwegs funktioniert.

Also: Thema erledigt? Für mich nicht. Ich störe mich einfach an dieser Brenn-Metapher, die man neben ähnlich dämlichen Superlativen regelmäßig in Stellenangeboten liest. „Herr Grimm, Sie dürfen nicht alles so wörtlich nehmen“, höre ich innerlich die Stimme einer Freundin, die mich gerne siezt, weil das die Ironie so schön unterstreicht. Ich weiß, dass sie Recht hat. Aber ich empfinde trotzdem Unbehagen beim Lesen solcher Anzeigentexte. Nicht nur, weil die Formulierungen so abgeschmackt und ausgelutscht sind. Nein, es geht auch darum, dass ich diese ganze Annoncen-„Schreibe“ als ziemlich anmaßend empfinde.

Ein Volontariat im Musik-Journalismus hätte ich vor 20 Jahren wahrscheinlich gerne gemacht. Eine Formulierung wie „Ich brenne auf diese Herausforderung!“ wäre aber auch damals sicher nicht über meine Lippen gekommen. Ich brenne nicht! Ich interessiere mich sehr für Musik. Ich brenne CDs. Aber ich selbst brenne nicht. Brennende Menschen laufen immer so aufgeregt herum. Ich bin eher gemütlich. Vielleicht würde ich Whiskey brennen, wenn es in Deutschland eine Alkoholprohibition gäbe.

Mich nerven die maßlos übertriebenen Motivationserwartungen, mit denen Jobsuchende in Stellenangeboten konfrontiert werden. Ich will partout nicht über das Stöckchen springen, das sie mir hinhalten, wenn sie fragen, ob ich denn auch wirklich für die Sache brenne. Ich will ein klares Geschäft: guter Lohn gegen gute Arbeit. Wenn ich mich abschufte, will ich dabei nicht auch noch „Hurra“ schreien.

Ich will keine komplette Hingabe an ein Unternehmen. Ich bin mehr als meine Arbeit. Mag sein, dass andere Menschen anders fühlen. Ob sich jemand total mit seinem Job identifiziert oder nur so tut als ob, weiß am Ende nur das Individuum. Aber viel zu Viele, die brennen wollten, sind am Ende ausgebrannt.

© 2017 Roland Grimm

 

My love is going to stay

Hier kommt einer meiner ältesten englischsprachigen Songs: „My love is going to stay“ habe ich 2011 geschrieben. Ganz allgemein gesprochen geht es darin um zwei Daseinsformen: das Alleinsein und das Paar-Sein. Was ist besser? Als Single oder in einer Zweier-Beziehung zu leben? Je mehr ich darüber nachdenke, umso schwerer fällt mir eine eindeutige Antwort. Ich kann eigentlich beiden Daseinsformen viel abgewinnen. So ist das Leben. Meist gibt es keine einfachen Wahrheiten.

Vorfreude ist die schönste Freude: My love is going to stay.  Foto: Pixabay

Vorfreude ist die schönste Freude: My love is going     to stay.   Foto: Pixabay

Was ihr hier hören könnt, ist eine Aufnahme von „My love is going to stay“ von 2016. Mitgeschnitten während des Konzerts von Oh Sun! im Café Pape. Eine Live-Aufnahme also, allerdings mit einer kleinen Ausnahme. Am Ende des Stücks gibt es eine sich dreimal wiederholende Chor-Zeile („She will finally let you down“). Die klang beim Mitschnitt im Pape etwas dünn. Ich habe deshalb zu Hause noch einen Overdub hinzugefügt.

 

An der Live-Aufnahme waren beteiligt:
Thomas Auth: E-Gitarre
Roland Grimm: Gesang + Akustik-Gitarre
Jürgen Langer: Schlagzeug


My love is going to stay (Text + Musik: Roland Grimm)

I live alone, by the seaside near the town
Where heavy storms and viscious windes blow me down
I live alone, and retreat into my shell
Nothing disturbs me, no one ever rings the bell

I live alone, but every weekend I pick flowers on my way
Can´t help but smile when people ask and I can say
That I expect your visit soon today
I´m just so happy my love is going to stay

I live alone, and I like the state I´m in
Hanging around with all the people I have been
I live alone, like the men of lonesome kind
But babe, that´s nothing! I´ve got you still on my mind

I live alone, but every weekend I pick flowers on my way
Can´t help but smile when people ask and I can say
That I expect your visit soon today
I´m just so happy my love is going to stay

I live alone, but every weekend I pick flowers on my way
Can´t help but smile when people ask and I can say
That I expect your visit soon today
I´m just so happy my love is going to stay
(She will finally let you down)
I´m just so happy my love is going to stay
(She will finally let you down)
I´m just so happy my love is going to stay
(She will finally let you down)
I´m just so happy my love is going to stay

© 2011 Roland Grimm

 

Veröffentlicht in Songs